Zeit-Zeugnisse

Im Gegensatz zu Zeit-Zeugen, die schließlich aus ihren persönlichen Erfahrungen, Erinnerungen und oft verbunden mit Emotionen und ganz direkten Bezügen berichten, sind Zeit-Zeugnisse stumme Belege, Beweise für das Gewesene, aber dadurch nicht minder interessant. Sind es doch Zeugnisse, hinter denen ganze Geschichten stehen - man muß sie nur deuten:

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Exlibris Bernhard Sehrings

Was ist ein Exlibris? Exlibris kommt aus dem Lateinischen und bedeutet: aus den Büchern. Hierbei handelt es sich für gewöhnlich um ein auf die Innenseite von Buchvorderdeckeln geklebtes Etikett, welches den Eigentümer aufzeigt, zumeist mit ex libris beginnend und danach den Besitzernamen - in diesem Fall Bernhard Sehring - angibt. Exlibris werden seit Mitte des 15. Jahrhunderts benutzt; damals waren es zumeist Holzschnitte.

Dargestellt werden bevorzugt Familienwappen, Landschaftszeichnungen, Porträts oder Berufe, Vorlieben des jeweiligen Eigentümers.

Und wie man hier deutlich sieht, war natürlich auch Bernhard Sehring Inhaber solch eines Exlibris. Eindeutig zu erkennen Sehrings Wappen: eine Faust in S-Form, die eine Schlange hält.


Diese mit „Ihr altergebener Sehring” unterzeichnete Karte zeigt die Herzlichkeit und Verbundenheit zum Personal.

Aus dem Norderney-Urlaub im Juli 1906 schreibt er an seinen Diener Hermann Schreck, welcher die Berliner Wohnung der Sehrings in der Kantstraße 8 bewohnt und bewirtschaftet:

Mein lieber Schreck! Ich habe leider 2 Unterjacken und 2 Unterhosen vergessen, bitte senden sie dieselben baldigst nach. Uns geht es hier allen sehr gut. Mit besten Grüßen von meine Frau, Ilse und Minna bin ich altergebener Sehring.

(Mit Ilse ist die Tochter und mit Minna mit hoher Wahrscheinlichkeit die langjährige Köchin der Sehrings gemeint)


Auch von Tochter Ilse und ihrem Gatten Karl Lang, die viele Reisen unternahmen, sind mehrere Urlaubsgrüße an den Diener erhalten.

Dieser freundliche Gruß aus Bar Harbor (Amerika) ging im Jahr 1910 zuerst an die Berliner Sehringsche Anschrift und wurde von dort auf die Roseburg weitergeleitet.


Im September 1907 gaben Herr und Frau Sehring die Verlobung von Tochter Ilse bekannt.

(Nicht Sehrings leibliche Tochter, sondern Hildegard Sehring brachte 2 Töchter mit in ihre 2. Ehe)


Zeilen Hildegard Sehrings an ihren Diener – geschrieben auf Briefpapier der Roseburg, mit Siegel.

Dies sind nur Beispiele aus dem erhaltenen Schriftwechsel der Familie Sehring mit Herrn Schreck. Die ganze „Zeitzeugengeschichte” nebst Material, welche wir dank der Schwiegertochter des Dieners recherchieren konnten, ist unter Roseburg->Geshichtlich->Zeitzeugen->Hermann Schreck - Teil 1 und Teil 2 nachzulesen.


Sehring zeichnete aber auch im Auftrag, so beweisen es zum Beispiel diese beiden Entwürfe für:

Dr. Phil. Georg Irmer, geb. 3. Nov. 1853 in Dessau, 1878 Hilfsarbeiter am Geh. Staatsarchiv in Berlin, später Archivar in Hannover, 1892 in die Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes berufen, 1893 Landeshauptmann der Marshallinseln, 1898 Leg.-Rat im AAKA., 1899 Wirkl. Leg.-Rat und vortragender Rat, 1897/1900 Mitarbeiter an den Verhandlungen betr. die Erwerbung der Karolinen und Samoas, Generalkonsul 1900 in Genua, 1907 in Sydney, wohnte seit 1911 in Berlin.

und

Ludwig Lewin, 1887-1967 (Pädagoge, Psychiater, Publizist, Leiter der Lessing-Hochschule in Berlin)


Dies sind die originalen Glückwünsche an Bernhard Sehring anlässlich seines 61. Geburtstages am 01. Juni 1916 - adressiert auf die Roseburg - von seiner Tochter Irene. Das Ansichtskartenmotiv zeigt das Schloss Bantikow im heutigen Brandenburg und die Zeilen lauten wie folgt:


Hier zum Beispiel in Form von Ansichtskarten aus dem Jahre 1909, die direkt an des Architekten Ehefrau, Hildegard Sehring, auf die Roseburg gesendet wurden. Ehrwürdig als Frau Baumeister angeschrieben. Und nicht nur inspiriert durch den Karteninhalt beginnt sich beim Betrachten die Phantasie zu regen: in welcher Beziehung mögen Absender und Empfänger gestanden haben? War jene Anna Heubach eine Freundin des Hauses? Hatte die Wahl des Kartenmotives einen besonderen Grund?

Dagegen läßt der Text dieser Karte schon eher Geschäftsbeziehungen vermuten, aber auch hier herzlicher Art, und gibt einen ganz, ganz kleinen Einblick in den Alltag der Sehrings.


Diese Ansichtskarte schrieb Hildegard Sehring persönlich im Sommer 1934 an den Familienfreund Herbert Kiehn - die erkennbaren Zeilen sind also ihre Handschrift; leider ist uns die Rückseite und somit der eigentliche Karteninhalt nicht bekannt - das Original ist nach wie vor beim Empfänger. Die Karte zeigt das Theater des Westens, Berlin-Charlottenburg, und interessanterweise unmittelbar daneben das nicht mehr vorhandene Wohngebäude Kantstraße 8, wo Sehrings zu jener Zeit ihre Stadtwohnung hatten.


Am 8. Juli 1910 weilte auf Einladung des damals 55 Jahre alten Sehrings ein gewisser Carl (vermutlich handelt es sich um einen Sohn von Emil Wilhelm Frommel) auf der Roseburg und schrieb von dort möglicherweise seiner Mutter (?), nämlich Frau Hofprediger Frommel nach Wetter – einem kleiner Ort an der Ruhr.

Die Familie Frommel war und ist nicht unbekannt – zum einem hängen von Karl Ludwig Frommel (1789-1863) Kupferstiche in der Walpurgishalle Thale. Dessen ältester Sohn, Emil Wilhelm Frommel (1828 – 1896) war seines Zeichens Garnisions- und schließlich Hofprediger zu Berlin, seine Ehefrau Amalie (geb. Bähr) wurde daher folgerichtig mit Frau Hofprediger Frommel angeschrieben.


Zwei Original-Visitenkarten von Frau Hildegard Sehring


Was ist Notgeld?
 
In Krisenzeiten oder Zeiten der Inflation, wenn der Staat mit dem Drucken von offiziellen Zahlungsmitteln nicht mehr nachkam oder die Verteilung nicht mehr funktionierte, waren lokale Behörden gezwungen, eigene Zahlungsmittel wie Notgeldmünzen oder Notgeldscheine herauszugeben.
 
So wurden auch in Deutschland zwischen 1918 und 1920 und in der Hochinflation 1923 eine große Anzahl von lokalen Notgeldscheinen mit häufig ansprechenden Motiven herausgegeben.
 
So war auch in der Gemeinde Rieder entsprechendes Notgeld in Umlauf. Sehr aufwendig mit Harz-Motiven, Rieder-Episoden und geschichtsträchtigen Szenen nebst Beschreibungen. Natürlich war ein Motiv auch die Roseburg, wobei dieser Schein einen Wert von 2 x 25 Pfennig und somit "50 Pfennig Notgeld der Gemeinde Rieder am Ostharz" hatte.
 
Auf der Rückseite der amüsante Text
 
"Gehe hin in alle Lande
und knüpfe neue Freundschaftsbande.
Doch nie kehre wieder
zurück nach Rieder"
 
Rieder, den 1. September 1921


Eine Werbeannonce aus dem Jahre 1936, veröffentlich in der Ballenstedter Fremdenliste


Eigentlich sind Eintrittskarten gerade in der heutigen Zeit ideales Mittel zum Zweck. Sie könnten neben Informationen zur Besichtigungsstätte auch Werbung in eigener Sache etc. enthalten und schließlich den Gast an seinen gelungenen Roseburg-Besuch erinnern.
 
Die zur Zeit genutzten Eintrittskarten in Form von numerierten Zettelchen sind leider mehr als simpel - da wiesen die zu DDR-Zeiten und auch später genutzten Eintrittskarten, wie hier gut zu sehen, schon etwas mehr Bezug zur Roseburg auf.


Das waren natürlich noch Zeiten, als der Kaffee lediglich 0,75 Pfennig kostete und somit gibt uns dieser Auszug aus der Roseburg-Speisekarte (ca. aus dem Jahr 1975) nicht nur einen Einblick in das damalige Angebot, sondern zaubert vielleicht auch ein wehmütiges Lächeln herbei.


An dieser Stelle einen Dank an Herrn H. Löffler, der die Roseburg seit 1963 jedes Jahr besuchte und davon 17 Jahre für jeweils 4 Tage dort Quatier bezogen hat. Von ihm stammt u.a. dieses alte Relikt.