Theater des Westens, 1895/1896Berlin-Charlottenburg, KantstraßeDer Berliner Stadtteil Charlottenburg muß Bernhard Sehring sehr am Herzen gelegen haben; hier ergab sich für ihn eine breite Wirkungsstätte, war Wohnort, Künstlerszene, Kulisse, Arbeitsplatz und Zukunft. 6 Jahre nach der Eröffnung seines Künstlerhauses in der Fasanenstraße, 3 Jahre nach dem Bau diverser Wohn- und Geschäftshäuser, nämlich in der Kantstraße 153, Uhlandstraße 61 sowie Leibnitzstraße 87, nutzte er die Gelegenheit als Theaterbaumeister, und in diesem Fall auch als Besitzer, in Aktion zu treten - und er bewies auch hier sein Können. Nach nur einjähriger Bauzeit und somit der Grundsteinlegung am 4. September 1895 gehört das Theater des Westens zu den reizvollsten schlechthin, nicht nur weil Sehrings Hauptschaffenszeit in diesen Zeitraum fiel und es bis heute ein Zeugnis seiner Experimentierfreude mit dem unterschiedlichsten Baustilen ist, sondern auch aufgrund der hohen Beliebtheit als Spielstätte. Die genaue Chronik dieses Theaters und gleichzeitig die aktuellen Inszenierungen nebst Ticketinformationen etc. findet man gern und sehr gelungen unter www.theater-des-westens.de, wo auch ein virtuelle Hausführung nicht fehlt und somit sehr zum weiteren Kennenlernen und Besuch dieses Hauses einlädt. Eigentümer des Theater des Westens ist nunmehr die bekannte Stage Holding, welche das Haus bis September 2003 für 10 Millionen EURO aufwändig renovieren ließ - aus welchen Gründen auch immer, fehlt seither in den Fluren/Umgängen allerdings der originale nach altdeutscher Art gefertigte Sockel aus dunkler Holztäfelung mit diversen farbigen Wappen-Motiven. Bleibt zu hoffen, dass diese irgendwo würdig wieder verwendet wird oder gut eingelagert ist Dank dem Köthener Stadtarchiv und dem dort aufbewahrten Schriftwechsel kann man sich ein klein wenig in die Anfangszeiten des Theaters zurückversetzen: Am 1. Oktober 1896 konnte Bernhard Sehring offiziell und feierlich zur ersten Vorstellung in sein Theater des Westens einladen - die Proben hierfür begannen am 16. September. Diese Einladung, zum Beispiel, ging am 20. April 1896 an die Frau des Oberbürgermeisters Schulz in Köthen, wo Sehring ja momentan mit dem Bau der Türme der St. Jakobs Kirche beschäftigt war. Beigefügt waren 6 Billets und es bleibt zu ahnen, dass die geladene Gesellschaft einen unvergesslichen Abend verlebte. Auch nutzte der Architekt den Briefkopfbogen des zu dem Zeitpunkt noch nicht eröffneten Theaters für seinen Schriftwechsel, zum Beispiel am 29. August 1895 an das Kirchturmbau-Comité Lüdicke & Müller. |