14.10.2006 - Lausitzer Rundschau

Cottbuser Spuren im Harz

VORGESTELLT: Staatstheater-Architekt Bernhard Sehring baute sich mit der Roseburg sein Elysium

Wer in den Harz reist, sollte sich einen Besuch der Roseburg zwischen Aschersleben und Thale, nahe Ballenstedt, nicht entgehen lassen. Denn hier wirkte auch der Architekt des Cottbuser Theaters, Bernhard Sehring. Und der Bildhauer Heinrich Götschmann schuf in Cottbus wie im Park der Roseburg gleichartige Putti, Löwen und Vasen.

Diese Kunstburg, neben den Grundfesten einer alten Vorburg erbaut, wird im Jahre 2007 den 100. Jahrestag ihrer Gründung feiern.

Den kostspieligen Bau hatte der seinerzeitige Stararchitekt Bernhard Sehring (1855-1941) schaffen lassen, der auch das Cottbuser Theater entwarf. Ganz im Zeichen des Historismus hat Sehring sein Elysium angelegt. Er nahm Anleihen an der Romanik, am italienischen Barock. Der weitläufige Park im englischen Stil ist bestückt mit Grotten und Brunnen, einem säulenverzierten Gang, Türmen und Hallen, in denen Engelsmosaiken die Wände bedecken. Dutzende Putti und hohe Blumenvasen säumen die Wege.

Ist es ein Wunder, dass Sehring wie in Cottbus gleichartige Figuren und Vasen aufstellen ließ? Oder dass die Löwen, die auf ihrem Rücken Brunnen oder Obelisken tragen, aufs Haar jenen Löwen gleichen, die an der Cottbuser Theaterfront Brunnenschalen oder Lampen auf Betonsäulen tragen? Beim Cottbuser Theaterbau 1907/08 und wahrscheinlich auch beim Bau des Theaters des Westens in Berlin und der Festhalle in Görlitz hat der Architekt eng mit dem Bildhauer Heinrich Götschmann aus Berlin-Wilmersdorf zusammengearbeitet. Er schuf die Putti und Großvasen aus Stampfbeton, auch die kupfergetriebenen Panthergespanne auf den Treppentürmen und die in den Proszeniumslogen des Cottbuser Theaters.

Und Götschmann formte auch 1910 die sandsteinerne Lutherstatue vor dem königlichen Lehrerseminar, dem heutigen Niedersorbischen Gymnasium von Cottbus.

Sehring sparte viel Geld, als er die Kopien der Putti und Löwen und Obelisken bei Götschmann für seinen Park bestellte. Denn Schloss und Park haben zwischen 1907 und 1925 - der Hauptschaffenszeit des Architekten - rund 13 Millionen Reichsmark verschlungen. Götschmann hat keinen Eintrag im vielbändigen Künstler-Lexikon Thieme/Becker gefunden; Figuren aus Stampfbeton - das war wohl für eine damals geltende Auffassung Handwerks-, jedoch keine Künstlerarbeit.

Gritta Falke aus Halle sammelt seit Jahren alles, was die Roseburg und die Schöpfungen Bernhard Sehrings in Deutschland betrifft.

Sie hat ihre Arbeit ins Internet gestellt und jedermann ist gebeten, Dokumente, Postkarten, Fotos dazuzustellen, um die Lücken zu schließen. Auch die Biografie des Bildhauers Götschmann, von dem nicht einmal die Lebensdaten bekannt sind, könnte auf diese Weise aufgedeckt werden.

Von Hans-Hermann Krönert